Drude, Sebastian. 2008. "Inflectional units and their effects"
Drude, Sebastian. 2008. "Inflectional units and their effects: the case of verbal prefixes in Guaraní".

In: Robin Sackmann (ed). Explorations in Integrational Linguistics: four essays on German, French, and Guaraní. (Studies in Integrational Linguistics, 1). Amsterdam; Philadelphia: Benjamins. (= Current Issues in Linguistic Theory 285). 153–189.

 

A. Inhaltsverzeichnis

 
  1. Introduction
    1.1 Aims and general strategy
    1.2 Guaraní
    1.3 Theoretical background
 
  2. The verbal personal system of Guaraní
    2.1 The personal prefixes
    2.2 Reference hierarchy
    2.3 Conjugational classes
    2.4 Other prefixes
 
  3. An integrational analysis of the personal system of Guaraní
    3.1 The traditional conceptions based on Latin grammar
    3.2 Beyond Latin grammar
    3.3 Transitive verbs
    3.4 Reflexive, reciprocal, desiderative, and command
 
  4. Structural and functional systems, and the system link
    4.1 The structural system
    4.2 The functional system
    4.3 The system link
    4.4 From the description of structures to a description of units
 
  5. Inflectional units contained in forms
    5.1 Inflectional units
    5.2 An example
    5.3 Being contained
 
  6. The functional effects of inflectional units
    6.1 Containing sets and inflectional-unit categories
    6.2 Marking pairs of inflectional units and their description
    6.3 Marking effects and specificity of inflectional units, and language types
 
 

B. Zusammenfassung

 
Das Personensystem des Paraguayischen Guaraní weist verschiedene interessante Phänomene auf wie zum Beispiel: reflexive und reziproke Formen, eine Unterscheidung zwischen einer Ersten Person Plural Inklusiv und Exklusiv, aber keine Numerus-Unterscheidung in der Dritten Person, und eine Personenhierarchie, die regelt ob die Formen von transitiven Verben in erster Linie Person und Numerus des Subjekts, die des Objekts oder beide kennzeichnen. Für all dies ist eine kleine Zahl von Personenpräfixen verantwortlich.
Dieser Aufsatz macht drei wesentliche Beiträge:
  1. Er stellt eine neue kohärente Analyse des Personensystems des Guaraní im integrativen Word-and-Paradigm-Rahmen vor;
  2. er erläutert anhand von Beispielen, wie eine Beschreibung von einzelnen Flexionseinheiten (d.i., Flexionsaffixe und Auxiliarwörter) in diesem Rahmen erreicht werden kann, ausgehend von der Analyse (1);
  3. um (2) zu ermöglichen, werden zusätzliche Definitionen vorgeschlagen, die den theoretischen Rahmen im Bereich von Flexionseinheiten und ihren Effekten ausbauen.
Der Aufsatz ist wie folgt gegliedert.
Die Einleitung (Abschnitt 1) enthält eine allgemeine Einführung (1.1) und eine Charakterisierung grundlegender Eigenschaften des Guaraní (1.2), darunter eine Erläuterung der verwendeten Orthographie.
Abschnitt 1.3 gibt einen Überblick über relevante Teile der theoretischen Konzeption, die diesem Aufsatz zugrundeliegt, wobei die Konzeption von Paradigmen und insbesondere die der Systemverbindung erläutert werden. Letztere ist der Schlüssel für die formale Rekonstruktion des Zusammenspiels zwischen formalen Eigenschaften von Wortformen und ihren funktionalen Effekten; beides wird erfaßt durch Kategorien, die in Klassifikationssystemen angeordnet sind. Diese wiederum sind eine zentrale Komponente der Paradigmenbasis einer Sprache.
Der Hauptteil des Aufsatzes ist dem Personensystem des Guaraní gewidmet. Erst gibt Abschnitt 2 eine informelle Darstellung der Verbpräfixe des Guaraní (2.1) und der Personenhierarchie transitiver Verben (2.2). Diese sind eine der Verbklassen des Guaraní, die in Abschnitt 2.3 unterschieden werden. Einige andere Präfixe, die in imperativen und desiderativen Formen vorkommen, werden in Abschnitt 2.4 vorgestellt.
In Abschnitt 3 folgt die integrative Analyse. Nachdem traditionelle und mögliche andere Analysen erwogen werden (3.1), wird die neue Konzeption umrissen. Die Grundidee (3.2) ist, anstelle der zwei vertrauten Klassifikationen für Person und Numerus drei Personenklassifikationen anzusetzen, jeweils für die Teilnahme (oder nicht) des Sprechers, des Hörers und von dritten. Abschnitt 3.3 behandelt die Personenkategorien transitiver Verben — es werden drei analoge Klassifikationen für Objekt-Person angesetzt, zusätzlich zu den drei Subjekt-Klassifikationen, die auch bei intransitiven Verbformen erscheinen. Schließlich wird die Analyse durch die Berücksichtigung von reflexiven, reziproken, desiderativen und Imperativformen vervollständigt.
Die sich ergebenden Hauptkomponenten der Verbparadigmenbasis des Guaraní werden in Abschnitt 4 dargestellt: Das Strukturelle System (4.1) hat zwei Teile, einen für die Stammklasse (die den Verbklassen entsprechen), wo für die transitiven Verben die Formen mit den Reflexiv- und Reziprok-Präfixen in einer weiteren Klassifikation erfaßt werden. Der andere Teil stellt die strukturellen Kategorien zur Verfügung, die auf den verschiedenen Personenpräfixen basieren, sowie eine Klassifikation für die An- oder Abwesenheit des Desiderativpräfixes (t)a-. Beide Klassifikationen gelten nur für die Formen, die nicht das Imperativpräfix e- enthalten, die erst ausgesondert wurden.
Das Funktionale System (4.2) enthält funktionale Kategorien, die die Effekte der formalen Eigenschaften erfassen. Es hat drei Hauptteile: Eine Modus­klassifikation, drei Klassifikationen für Subjekt-Person wie oben dargestellt, und ein Zweig, der Subklassifikationen für Formen transitiver Verben enthält. Hierhin gehören die Reflexiv- und Reziprok-Kategorien und die drei spezifischen Klassifikationen für Objekt-Person.
Im Zentrum der Analyse steht die Systemverbindung, die in Abschnitt 4.3 ausführlich vorgestellt und erläutert wird. Anhand von Beispielen wird Schritt für Schritt gezeigt, wie die funktionale(n) Kategorisierung(en) einer Form ausgehend von ihren formalen Eigenschaften bestimmt wird (werden). Der Hauptteil des Beitrags wird abgeschlossen (4.4) von ersten allgemeinen Bemerkungen zu einer integrativen Beschreibung von Flexionseinheiten, sowohl von morphologischen (Flexionsaffixe) als auch von syntaktischen (Auxiliarwörter).
Die letzten zwei Abschnitte haben einen formaleren Charakter und erweitern die Theorie, um Mittel bereitzustellen für eine formale Beschreibung der Effekte von Flexionseinheiten, welche in Abschnitt 5.1 formal genauer identifiziert werden. Die informelle Diskussion eines Flexionsaffix, re- (ein 'Präfix der Zweiten Person Singular') in Abschnitt 5.2 bereitet den Grund vor für eine formelle Rekonstruktion der Begriffe, die für die Beschreibung der Effekte dieses Affixes gebraucht werden. Als erstes wird ein Term benötigt, der erfaßt, daß (eine Flexionseinheit in einer Wortform) 'enthalten ist'. Er wird in Abschnitt 5.3 für beliebige Flexionseinheiten definiert.
Relationen des 'Enthalten-Seins' sind die Grundlage, formell Kategorien von Wortformen zu definieren, in denen eine bestimmte Flexionseinheit auftritt. Ein Beispiel ist die Kategorie [re-formpre(-,S)], die Menge der Verbformen, die ein Allomorph des Flexionspräfixes re- enthalten. Elemente der Systemverbindung, wo solche strukturelle Kategorien vorkommen, sind Markierungspaare für die betref­fende Flexionseinheit (6.2), und die Menge der Markierungspaare (eine Teilmenge der Systemverbindung) einer Flexionseinheit sind ihr Markierungsgehalt. Der Markierungsgehalt von Flexionseinheiten ist die Grundlage für ihre (auch lexiko­graphische) Beschreibung.
Abschnitt 6.3 führt den Begriff eines Markierungseffekts einer Flexionseinheit und verschiedene damit zusammenhängende Begriffe ein, wie den der 'Neben­bedingung' und den des 'bedingungslosen Markierungseffekts'. Sie ermöglichen die Erfassung von typologisch relevanten Fakten, wie etwa ob eine Sprache viele spezifische Flexionsaffixe hat (ein Kennzeichen agglutinierender Sprachen) oder viele spezifische Hilfswörter (bei isolierenden Sprachen), oder überhaupt nur wenige spezifische Flexionseinheiten (dies mag für die meisten Sprachen gelten, die zum traditionellen Typ der flektierenden Sprachen gehören).